Texten für das Web
Text fürs Web – ist das wirklich was Besonderes? Mag sich der geneigte Leser fragen. Hört sich erstmal komisch an, ist aber so. Ist es wirklich, keine Frage. Darum ist auch nicht jeder Journalist gleich Texter, schon gar nicht Werbetexter. Ein Problem, denn viele Leute denken, dass Print und Web gleichermaßen behandelt werden können. Worauf es ankommt beim Webtext(en)? Ein paar Überlegungen von einem, der auszog, spezialisiert zu sein.
Tatsächlich kann eine solide Ausbildung als Redakteur nicht schaden, die Qualität ist hoch, die Recherche vermutlich besser. Aufbau und Fluss eines Textes nichts den Schreibenden nichts Unbekanntes. Doch dann ist auch schon bald Schluss. Zielgruppe? Keywords? Scanbarkeit? Genau, andere Eckpfeiler spielen beim Webtext eine Rolle, abseits von aller journalistischer Sorgfalt.
Entscheidend ist zu beachten, dass der typische Webseitenbesucher extrem wenig Zeit mitbringt. In Sekunden statt Minuten wird gerechnet. Kann man sich in einer Broschüre unter Umständen episch ausbreiten, so gilt fürs Web: knapp, kurz, kompakt, kompetent. Die Leser wollen rasch und einfach Informationen erlangen, schnell etwas mitnehmen. Die Amerikaner (und ja irgendwie Erfinder des Internet) nennen »200 words« als Ziel. Ins Deutsche übersetzt: 150 Wörter, denn deutsche Wörter sind im Schnitt länger. Das ist wenig, muss aber reichen. Kann auch reichen.
Noch entscheidender als in anderen Medien ist es hier, die Zielgruppe im Auge zu haben. Als Schreiber fürs Web sollte man stets eine typische Zielperson vor Augen haben: Was interessiert die, was will sie wissen? Eine Stelle übrigens, wo sich Journalist und Werbetexter auch nicht mehr die Hand geben können. Der Ansatz ist deutlich verschieden. Weiß ich, was der vorbeisurfende (potenzielle) Kunde will, dann bin ich König. Dann gebe ich es ihm, dann funktioniert mein Angebot, der Shop – was auch immer. E-Commerce und Keywordplatzierung – nicht gerade Handwerk für Redakteure. Nur die neuen, reinen Online-Redakteure, die wissen Bescheid, für die ist das vermutlich kalter Kaffee.
Und dann kommen da noch die Keywords in Spiel – oben, mittig, unten, sauber gestreut und in Title-Tag, H1- und H2-Überschrift und Meta-Description widergespiegelt. So wird ein Schuh draus, aus dem Webtext. Diese Keywords zu finden, sie geschickt im Text zu platzieren: das kann in der Tat eine Kunst sein. Denn der menschliche Leser soll von dieser Suchmaschinen-Taktik ja eigentlich gar nichts merken. Sprich: beide Seiten, Mensch und Maschine gleichermaßen bedienen, das ist es, wo Bartel den Web-Most herholt.
In dem Zusammenhang: Web bedeutet auch eine Chance. Denn man kann und soll Text permanent (ver-)ändern. Eine Broschüre oder ein Flyer liegt und liegt und liegt. Manchmal schwer wie Blei – aber muss erst weg. Hat ja gekostet. Webtext zu ändern kostet hingegen wenig – auch wenn ein Werbetexter die Pflege übernimmt. Denn – Hand aufs Herz – die meisten Unternehmen sollten wirklich lieber outsourcen, kriegen ihre »News-Seiten« nicht oder nur schlecht aktualisiert.
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